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1. Biographien und Monographien - S. 103

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
durch Mangel und Seuchen hatte Deutschland völlig umgewandelt. Ferdinands Ii Wort: „Lieber eine Wüste als ein Land voll Ketzer!" war furchtbar in Erfüllung gegangen. Entvölkerte Provinzen, zerstörte Ortschaften, zertretene Felder — lauter Bilder des Jammers boten sich dem Auge dar. Ackerbau, Handel und Gewerbfleiß lagen darnieder, Kunst und Wissenschaft hatten keine Stätte mehr auf deutschem Boden, altdeutsche Zucht und Sitte war verschwunden. Verhungerte Bauern, feige Bürger, verwilderte Soldaten, herumziehende Räuberbanden bildeten die Reste des großen Geschlechts, das untergegangen. 43* Die Kurfürsten von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern. Unter der Herrschaft der Hohenzollern erlangte Brandenburg schnell die Macht und Blüte zurück, die es einst unter den As-caniern besessen. Wie Friedrich I, der das Land aus den Händen Kaiser Sigismunds empfangen, die widerspenstigen Edelleute zum Gehorsam gezwungen, fo demütigte sein Sohn Friedrich Ii (1440 —1470) die Städte, die in trotzigem Selbstbewußtsein eine unabhängige Stellung beanspruchten. Das mächtige Gemeinwesen der Schwesterstüdte Berlin und Köln an der Spree verweigerte ihm sogar das Ofsuungsrecht seiner Thore, bis es dem Kurfürsten bei Gelegenheit eines inneren Zwistes gelang, Einlaß zu finden. Nun wurde die Verfassung der beiden Orte gänzlich umgestaltet, die Giltigkeit der Gemeindewahlen an die landesherrliche Bestätigung geknüpft und durch Erbauung einer festen Bnrg die Bevölkerung in dauernder Unterwürfigkeit gehalten. Die Kraft und Entschiedenheit, die Friedrich bei diesem Vorgehen bewies, war es wohl, die ihm den Beinomen „Eisenzahn" erwarb. Nicht minder zeigte er sich befliffen, fein Herrscherrecht dem Adel gegenüber geltend zu machen und denselben zugleich seiner Roheit und Verwilderung zu entreißen. Zu dem letzteren Zwecke stiftete er den Orden der Schwanengesellschast, deren Mitglieder geloben mußten, ihre Ehre streng zu wahren, sich vor jeder Missethat zu hüten, niemals persönliche Rache zu nehmen und täglich zur heiligen Jungfrau zu beten. Weitführende, unfruchtbare Aussichten hatten für Friedrich nichts Verlockendes, weshalb er auch ohne Besinnen die ihm angetragenen Kronen von Polen und Böhmen ausschlug. Wo er aber in der Nähe sein Gebiet erweitern konnte, zumal wenn es sich um Wiedererwerbung alter brandenburgischer Besitzungen handelte, da griff er um so unbedenklicher zu. So brachte er durch Kauf Teile der Nied erlausitz und von dem deutschen Ritterorden die wichtige Neu-

2. Sagen und Geschichten - S. 48

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
48 erschien die hehre Jungfrau in köstlichen Gewände und von einem zahlreichen Gefolge umgeben vor ihren Gästen, begrüßte den ihr bekannten Siegfried und fragte ihn nach dem Zwecke der Reise. _ „Hier ist Günther," antwortete der Held, „ein reicher und mächtiger König, der keinen andern Wunsch hegt, als deine Hand zu gewinnen, und in seinem Dienste bin ich mit ihm gefahren in die§ Land." Brunhilde entgegnete: „Will er die Spiele, die ich ihm zuteile, bestehn, und bleibt er darin Meister, so werde ich sein Weib, vermag er's aber nicht, so geht's euch allen an das Leben." Durch Siegfried ermutigt erklärte sich Günther dazu bereit, und die Königin befahl, ihren festen Panzer von rotem Golde, ihren guten Schild mit hartem Stahlbeschlage und ihren mächtigen, zweischneidigen Speer zu bringen und ohne Zögern den Platz zum Kampfe herzurichten. Als die Fremden die ungefügen Waffen der Jungfran erblickten sowie den schweren Stein, den kaum zwölf Männer zu tragen vermochten, erschraken sie, und sicherlich wäre es auch um Günther geschehen gewesen, hätte ihm nicht Held Siegfried Beistand geleistet. Dieser war insgeheim nach dem Schiffe gegangen, in die dort zurückgelassene Tarnkappe geschlüpft und nahte sich nun, für jedermann unsichtbar, dem Könige, dem er zuflüsterte: „Gieb mir den Schild und merke, was ich sage: du mache die Gebärde, ich will das Werk bestehn." Jetzt erhob Brunhilde den scharfen Speer und schoß ihn so frästiglich auf den Schild in Siegfrieds Hand, daß die Funken stoben, das Erz völlig durchbohrt wurde und die beiden starken Kämpen in den Sand taumelten. Sieglindens Sohn brach das Blut vom Munde; aber bald raffte er sich wieder auf, ergriff den Spieß und schleuderte ihn mit einer Wucht zurück, daß auch die Gegnerin erliegen mußte. „Habe Dank für diesen Schuß, edler Günther!" rief sich emporrichtend Brunhilde, die natürlich nicht anders meinte, als daß der König der treffliche Schütze gewesen. Dann trat sie zornigen Mutes vor, nahm den gewaltigen Stein vom Boden auf und schwang ihn volle zwölf Klafter weit, in raschem Sprunge ihm nacheilend, daß laut ihr Gewand erklang. Schnell ging (Siegfried an den Ort, wo der Stein jetzt lag; Günther mußte ihn wägen, er selbst aber that den Wurf. Und viel ferner, als es die Jungfrau vermocht, schleuderte er ihn von sich, und viel größer war auch die Entfernung, die er springend zurücklegte, wobei er noch dazu den König Günther zu tragen hatte. Nun galt es, das dritte Spiel zu bestehn und Brunhilden im Ringen obzusiegen. Anfangs brachte die sühne Maib den Burgunbenfürsten in große Not; sie warf ihn zur Erbe, umschloß mit der Linken fest seine,Haube und griff mit der Rechten nach ihrem Gürtel, um ihn zu binben. Doch Siegfrieb, Der den Fall des Königs nicht hatte hindern können, riß den Dar-

3. Sagen und Geschichten - S. 50

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
50 gesetzt werden. Als die Rüstungen beendet waren und die Mannen zum Aufbruch fertig standen, begab sich Hagen zu Kriemhild, um der Sitte gemäß von ihr Abschied zu nehmen. Da sprach die letztere zu ihm: „Hagen, du bist mein Verwandter, und ich wüßte nicht, wem ich das Leben meines Gatten besser anvertrauen könnte. Zwar ist er tapfer und stark genug; aber zwischen den Schultern, wo er verwundbar geblieben, könnte ihn leicht im Gedränge ein Kriegsspeer treffen. Willst du ihn dort beschirmen, damit ich Arme nicht etwa seinen Tod beweinen muß?" „Gewiß werde ich das thun," antwortete der Tückische, von dessen Absichten die Arglose keine Ahnung hatte; „nur nähe mir auf sein Gewand ein Zeichen, an dem ich genau erkennen kann, wo ich sein zu hüten habe." Kriemhild folgte dem Pate, und triumphierend über das Gelingen seiner List ging Hagen zu Günther und bewog ihn, die nun unnötig gewordene Heerfahrt abznfagen und dafür die Helden zu einer großen Jagd zu entbieten. Viele Hirsche und Eber wurden auf derselben erlegt, bis Durst und Müdigkeit die Jäger überkam und das Verlangen nach kühler Labung in ihnen rege machte. Da wies Hagen die Gefährten auf einen in der Nähe befindlichen Brunnen hin und schlug ihnen vor, zu versuchen, wer wohl im Wettlauf zuerst das Ziel zu erreichen vermöge. Wie vorauszusehen, ließ Siegfried die andern weit hinter sich zurück, wartete aber mit dem Trinken, bis König Günther getrunken, und entledigte sich während der Zeit aller seiner Waffen. Dieses Zögern, zu dem nichts als die gute Sitte ihn veranlaßte, sollte sein Verderben werden. Kaum hatte er sich nämlich jetzt zur Flut hernieder gebeugt, als Hagen Schwert und Bogen des Helden rasch abseits trug und ihm den Speer an der von Kriemhilb bezeichneten Stelle durch den Rücken schoß, daß das Blut des Getroffenen hoch empor spritzte. Wütenb sprang Siegfrieb auf, und ba er keine ctnbern Waffen fanb, ergriff er den neben ihm liegenben Schilb und brang damit auf den Mörder ein, der sich der wuchtigen Schläge vergebens zu erwehren suchte und laut stöhnend unter denselben zu Boden sank. Bald aber begannen dem Zornigen die Kräfte zu schwinden, seine Füße singen an zu wanken, feine lichte Farbe erbleichte, und sterbend fiel er dahin in die Blumen, die ringsumher von blutigem Tau benetzt wurden. Nun hoben ihn die ungetreuen Genossen aus einen goldroten Schild und trugen ihn nach Worms, wo ihn der schreckliche Hagen in der Nacht vor die Thür des Hauses legen ließ, das Kriemhild bewohnte. Als diese ant Morgen ausstand und den toten Gemahl erblickte, glitt sie in unnennbarem Jammer an seiner Seite nieder und ries in Tönen des Grimms und Schmerzes: „O weh, du bist ermordet! dein Schild ist nicht zerhauen, dich fällte Meuchlerhand!" Aus allen Sälen und Höfen, aus der ganzen Stadt strömte die Menge

4. Sagen und Geschichten - S. 51

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
51 herbei, um den Helden zu betrauern, und ihr Klagegeschrei erfüllte die weiten Hallen der königlichen Residenz. Auch Hagen blieb nicht zurück; als er sich aber dem Leichnam näherte, begannen die Wunden aufs neue zu fließen, für jedermann der sicherste Beweis, daß er der Mörder gewesen. Günther wollte den Verdacht ablenken; doch Kriemhild ließ sich nicht beirren und sprach: „Ich kenne die Schuldigen wohl, Brunhilde hats geraten, und Hagen hats gethan." Drei Tage und drei Nächte wachte sie an der Bahre des teuren Gatten, dann wurde die mit kostbaren Zeugen umwundene Leiche in einem aus Gold und Silber geschmiedeten Sarge zu Grabe getragen. Noch ein letztes Mal, bevor man ihn in die Gruft senkte, begehrte die trauernde Witwe den geliebten Toten zu sehen, noch einen letzten Kuß drückte sie auf die bleichen Lippen, und die Erde nahm die Überreste des trefflichsten Helden auf in ihren kühlen Schoß. 27. Gudrun. Der Friesenkönig Hettel hatte von seiner Gemahlin Hilde zwei Kinder, einen Sohn Ortwin und eine durch hohe Schönheit ausgezeichnete Tochter Gudrun. Um die letztere warben viele angesehene Fürsten, doch keiner war dem stolzen Vater gut genug, er versagte sie einem wie dem andern. Unter den abgewiesenen Freiern befand sich auch Siegfried von Moorland, Hartmut von der Normandie und Herwig von Seeland, drei wackere junge Degen, deren Werbung wohl ein besseres Schicksal verdient hätte. Sie vor allen schmerzte es tief, ihren Wunsch vereitelt und ihre Ehre gekränkt zu sehen, und sie beschlossen, mit Gewalt zu erzwingen, was in Güte nicht zu erlangen gewesen. An der Spitze von dreitausend kühnen Freunden siel Herwig in Hettels Reich, das Land der Hegelingen, ein und bedrängte den nicht genügend vorbereiteten König in feiner Burg so heftig, daß ihm dieser die Tochter verlobte, die übrigens dem Helden längst schon gewogen war. Auf die Kunde davon kehrte Siegfried seinen ganzen Mißmut gegen den glücklichen Nebenbuhler, rüstete ein zahlreiches Heer aus und suchte Seeland mit Raub, Mord und wilder Verwüstung heim. Da schickte Herwig Boten an Hettel, der denn auch aus Gudruns Fürbitte dem künftigen Eidam zu Hilfe eilte, die Feinde nach zwölftägigem Kampfe zurückschlug und sie zur Flucht in eine nahe Feste zwang. Während man dieselbe noch belagerte, erschien Hartmut mit seinem Vater Ludwig und vielen Mannen in dem von Streitern entblößten Hegelingen, erstürmte die königliche Burg und führte Gudrun nebst ihrer Freundin Hildeburg und mehr als sechzig anderen Frauen mit sich auf die Schiffe. Als Hettel und Herwig die Schreckensbot- 4 *

5. Sagen und Geschichten - S. 52

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
52 schaft vernahmen, ließen sie sofort von Siegfried ab und setzten auf einer Anzahl Pilgerfahrzeugen, die gerade am Strande vor Anker lagen, den Räubern nach. Auf dem Wulpensande, einer Insel in der Nordsee, holten sie die letzteren ein, und eine Schlacht entbrannte, wie sie blutiger selten geliefert worden ist. Mit ungefügen Diensten erprobten ihre Hand die kühnen Normannen und die von Heglingland; sie fochten gewaltig mit dem Speer und mit dem Schwerte, sie schlugen so nachhaltig, daß man auf Abschlag wohl nicht mehr begehrte. Wie der Schnee im Sturme von den Alpen weht, so dicht flogen die Geschosse herüber und hinüber; wie der Blitz aus den Wolken nach der Erde fährt, so rasch sausten die Hiebe herab auf die Helme der Gegner. Mit dem halben Leibe noch im Wasser stehend kämpften Hettel und seine Helden grimmen Streit, daß des Meeres Flut vom Blute gefärbt wurde und in rotem Scheine am Strande fern dahin wogte. Aber ob auch viele ihr Grab in den Wellen fanden, die Hegelingen ließen sich nicht schrecken, und immer weiter drangen sie auf dem Ufer vor, und immer größere Not bereiteten sie ihren Feinden. Der alte breitbärtige Wate schlug jeden nieder, der ihm in den Weg trat, Ortwin und Moruug bauten das Land und düngten es mit Toten, das Schwert des erlauchten Herwig streckte einen nach dem andern in den Sand, und unter den Streichen Horants, Frutes und Jrolds mußte mancher edle Normanne erliegen. Doch kaum minder tapfer stritten Ludwig und Hartmut, den ganzen Tag hindurch wehrten sie sich mannhaft gegen alle Angriffe, und am Abend gelang es dem ersteren sogar, Hettel im Zweikampfe zu überwältigen. Wie ein wütender Eber stürmte Wate über das Schlachtfeld, den Tod des Königs zu rächen, heiße Ströme Blutes wurden von ihm und seinen Heergesellen noch vergossen, bis die einbrechende Dunkelheit dem schrecklichen Morden ein Ziel setzte. Während der Nacht aber verließen die Normannen unbemerkt die Insel und segelten mit ihrer Beute davon, und als die Hegelingen am Morgen den Streit erneuern wollten, waren die Feinde längst verschwunden. Sie auf dem Meere einholen zu können, durfte man nicht hoffen, ihnen in ihr Land zu folgen, besaß man nicht mehr Mannschaften genug, und so kehrten Hettels Scharen still und traurig in die Heimat zurück, wo der unglückliche Ausgang des Zuges lauten Jammer verbreitete. „O weh meines Leides!" tief Frau Hilde, „meine Ehre ist dahin, verloren hab' ich beide, meinen Gatten und mein teures Kind." Endlich tröstete sie Wate: „Herrin, laß das Klagen; wenn junges Volk erwachsen ist, dann räche ich an Ludwig und Hartmut unsern Schmerz und unsere Schande." „Könnte das geschehen," sprach da die Weinende, „alles wollte ich darum geben, nur daß ich meine Tochter Gudrun wiedersähe."

6. Sagen und Geschichten - S. 53

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
Mittlerweile hatten die Normannen in eiliger Fahrt die See durchschnitten und näherten sich jetzt dem mit Burgen bedeckten Gestade ihres Landes. Da sprach der alte König zu Gudrun: „Willst du, edle Jungfrau, meinen Sohn zum Gemahl nehmen, so sollst du über alles herrschen, was du siehest, und Ehre und Woune wartet deiner immerdar." Doch Gudrun erwiderte: „Ehe ich Hartmut heiratete, eher wählte ich den Tod; hätte es sich früher nach deinem Wunsche gefügt, so möchte es sein, nun aber will ich lieber mein Leben lassen als die gelobte Treue brechen." Ergrimmt faßte sie Ludwig bei den Haaren und warf sie ins Meer, und schon begann sie in den Wogen zu versinken, als Hartmut ihr nachsprang und sie an ihren blonden Zöpfen wieder in das Schiff zog. Nachdem man die Landung bewerkstelligt hatte, machte man sich auf den Weg nach der kömglichen Burg, vor welcher Ludwigs Gemahlin und Tochter, Gerlinde und Ortrun, die Jungfrau freundlich empfingen. Doch nur die Küsse Ortruns duldete und erwiderte Gudrun, die der Gerlinde dagegen wies sie mit Entrüstung zurück. „Wie magst nahen?" sprach sie zu ihr; „dir wird es zugeschrieben, daß ich arme Maid der Heimat entrissen wurde und so viel bitteres Herzeleid zu tragen habe." Dennoch fuhr die Königin fort, sich der Fremden geneigt zu zeigen, in der Hoffnung, diese werde endlich einwilligen, dem Hartmut die Hand zu reichen. Als aber alle Überredungskunst nichts fruchtete und Gudrun die angebotene Krone beharrlich ausschlug, kehrte Gerlinde ihren ganzen teuflischen Sinn heraus und verhängte Demütigungen auf Demütigungen über die unglückliche Gefangene. Trotzdem es ihr der Sohn ans Herz gelegt, die Trauernde mit Nachsicht und Güte zu behandeln, trennte sie dieselbe von ihren Frauen und zwang sie, die Dienste der niedrigsten Mägde zu verrichten, ^a mußte denn die königliche Jungfrau, die daheim in Glanz rix ri rem- gelebt, den Ofen heizen, die Stube fegen und im kältesten Winter am Ttrande stehen und Leinwand wafchen, um hinterher noch gescholten oder wohl gar geschlagen zu werden. Nur wenn Hartmut, der mehrmals zu Heeresfahrten in die gerne zog, anwesend war, trat eine Milderung ihres harten r^oses ein; doch ließ auch er zuletzt die Mutter gewähren, da leine und ferner Schwester Bemühungen, Gudrun zum Nachgeben zu bewegen, ohne jeden Erfolg blieben. Wohl fenfzte diese oft unter dem Drucke der schmählichen Dienstbarkeit, wohl erschien es ihr schon als ein Trost, daß Hildeburg ihr bei der Arbeit helfen durfte; aber ihre Treue gegen den Verlobten wurde nicht wankend , und nimmermehr konnte sie sich entschließen, den zum Manne zu nehmen, dessen Vater den ihren erschlagen. Dreizehn leidensvolle Jahre waren so der armen Geraubten verflossen, als ihr endlich die langersehnte und kaum noch gehoffte

7. Sagen und Geschichten - S. 55

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
erduldet. Allein Ortwin wehrte ihm und sagte: „Lieber wollte ich hundert Schwestern sterben sehen, ehe ich das heimlich entwendete, was mir in heißem Streite abgerungen ist, und ehe ich das Vertrauen derer täuschte, die mit ihrer Herrin auf uns ge-harret haben ifo viele Jahre." So kehrten denn die beiden Fürsten zu ihren Schiffen zurück. Gndruu aber warf in der sicheren Erwartung baldiger ehrenvoller Befreiung die Wäsche ins Meer und trat am Abend der scheltenden Gerlinde stolz und trotzig entgegen. Als diese ihr indes mit harter Züchtigung drohte, erklärte sie listig, den jungen König nunmehr heiraten zu wollen, worauf alle Demütigungen ein Ende hatten und jedermann sich der edlen Maid zu dienen beeilte. Währenddem trafen die Hegelingen die nötigen Vorbereitungen zum Kampfe, und noch stand der Morgenstern hoch am Himmel, als der Wächter von der Zinne der Burg aus das ganze Gefilde nach der See hin mit Gewappneten bedeckt sah. Sein Ruf weckte die Normannenhelden aus dem Schlafe, und Ludwig und Hartmut sammelten rasch ihre Mannen um sich, ließen das Thor öffnen und stürmten hinaus zum blutigen Streite. Mit grimmem Mute drangen die Gegner aufeinander ein, die Helme und Panzer erklangen unter den niederfallenden streichen, und manche tiefe Herzenswunde wurde geschlagen, manches wackeren Recken Angesicht gewann die Farbe des Todes. Der greise Ludwig focht so tapfer wie nur einer, aber König Herwig erlegte ihn mit seinem guten Schwerte, und die erschreckten Normannen begannen zu weichen. Als das Gerlinde sah, gebot sie einem ihrer Leute, die Hegelinger Jungfrauen sämtlich zu töten, und sicherlich wäre es auch um diese geschehen gewesen, hätte nicht ein drohender Zuruf Hartmuts den Elenden von feiner feigen That zurückgehalten. Dafür rettete Gudmn ihren edelmütigen Beschützer aus der Hand des zornigen Wate, der den ritterlichen Königssohn aufs heftigste bedrängte, sich aber jetzt begnügen mußte, denselben gefangen zu nehmen. Nun wurde die Burg im Sturme erobert, und die ergrimmten Sieger verbreiteten sich über die Höfe und Hallen, mordeten Mann und Weib und verschonten selbst das Kind in der Wiege nicht. Zitternd floh Ortrun zu Herwigs Braut, und diese gewährte der Flehenden, die ihr stets tröstlich beigestanden in Unglück und Schmach, bereitwilligen Schutz. Selbst die böse Gerlinde suchte Gudrun zu verbergen, doch wußte Wate die alte Teufelin gar bald zu finden, um ihr unter höhnenden Worten mit einem Hiebe den Kopf vom Rumpfe zu trennen. Als sich endlich die grause Mordlust gelegt hatte und die Toten auf dem Grunde des Meeres gebettet waren, kehrten die Retter mit den Geretteten heim nach Hegelingen, wo ihnen Frau Hilde in der Freude ihres Herzens einen überaus glänzenden Empfang bereitete. Die treffliche Gudrun aber vollendete

8. Sagen und Geschichten - S. 56

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
56 hier, was sie schon im Normannenlande begonnen: sie versöhnte, die sich bisher feind gewesen, und an demselben Tage, an dem sie ihre Hochzeit mit Herwig feierte, vermählte sich Ortwin mit Ortrun, Hartmut mit Hildeburg und Herwigs Schwester mit Siegfried von Moorland. 28. Die Schlacht aus den catataunischen Feldern. Im Jahre 375 erschienen an den Usern der Wolga die Hunnen, ein Hirtenvolk mongolischer Abkunft, das bisher im innern Asien gewohnt. Sie waren ein Menschenschlag, eben so häßlich von Ansehn als wild und grausam von Sitten. Auf ihrem starken, breitschultrigen Körper ruhte ein großer Kops mit dunkler Gesichtsfarbe, flacher Nase, kleinen, tiefliegenden Augen und hervorstehenden Backenknochen. Den Knaben zerschnitten sie gleich nach der Geburt die Wangen, wodurch der Bartwuchs gehemmt und das Antlitz entstellt wurde. Ihre Nahrung bestand in Wurzeln und Kräutern und dem halbrohen Fleische aller möglichen Tiere, das sie auf dem Rücken ihrer Pferde mürbe ritten. Ihre Kleider verfertigten sie aus Sinnen oder Fellen und legten sie nicht eher ab, als bis sie ihnen in Fetzen vom Leibe fielen. Nie kamen sie unter das Dach eines Hauses, Tag und Nacht, beim Essen und beim Trinken, selbst beim Schlafen saßen sie zu Roß. Ohne Acker und Felder, ohne Hof und Herd, ohne Gesetz und Recht, schweiften sie von einem Ort, von einem Land zum andern, raubten, mordeten und brannten und vertilgten Städte, Bevölkerung und Anbau. Mit gräßlichem Geschrei stürzten sie sich in den Kampf, weithin schlenderten sie ihre Speere und scharfgespitzten Pfeile, und oft sprengten sie absichtlich auseinander, um die nachsetzenden Feinde dann einzeln zu überfallen und niederzumetzeln. Ums Jahr 444 wurde Attila König der Hunnen. In ihm prägte sich die ganze Häßlichkeit des mongolischen Stammes aus, in ihm wohnte aber auch ein starker, unternehmender Geist, der ihn zum Welteroberer geschickt machte. Furchtbar war fein Zorn, erbarmungslos vernichtete er feine Gegner, und nicht mit Unrecht nannte er sich Godegisil d. i. Gottesgeißel, denn wie mit einer Zuchtrute hat er die Völker geschlagen. Nachdem er von Ungarn aus, bis wohin die Hunnen vorgedrungen waren, auf weiten Raubzügen die reichen Provinzen des Ostens heimgesucht, beschloß er seine Waffen gegen den Westen zu kehren. Der römische Kaiser hatte feine Schwester Honoria, um sie am Heiraten zu verhindern, in ein Kloster gesteckt, diese aber übersandte insgeheim Attila einen Ring und forderte ihn auf, sie von ihrem Bruder als rechtmäßige Gattin zu begehren. Der König kam ihrem

9. Sagen und Geschichten - S. 60

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
60 30. Roland. vsm ^ahre 768 bestieg Karl der Große den fränkischen Thron. Er war ein gewaltiger Kriegsheld, der die meisten germanischen Völker seinem Scepter unterwarf und zuletzt auch die Krone der römischen Kaiser empfing. So weit aber sein Arm reichte, wußte er der Christusreligion, der er selbst von Herzen zugethan war, den Sieg zu verschaffen, und bald gab es in ganz Deutschland fernen Heiden mehr. Unter den vielen Feldzügen, welche er zur Ausbreitung seines Reichs wie zur Ehre Gottes unternahm, ist der gegen die muhammedanischen Araber in Spanien, ans welchem sein tapferer Neffe Roland fiel, durch eine unserer schönsten Sagen verherrlicht worden. Als Kaiser Karl zu Paderborn im Sachsenlande einen Reichstag abhielt, erschien ihm in der Nacht ein Engel und sprach: „Eile gen Spanien, wo die Menschen noch in finsterer Abgötterei leben, und gewinne das Land, damit du das Heidentum daselbst ausrottest und die Christenheit mehrest. Dieses Schwert Durendart aber und dieses Horn Olivan gieb deinem Neffen Roland, der lou dich begleiten und auf der Heerfahrt die Krone des Himmels verdienen." Sofort machte sich Karl mit seinen zwölf Helden und zahlreichem Kriegsvolk nach Spanien auf, und Gott stand den Franken bei, daß sie fast das ganze Land eroberten. Wenn Roland das Horn an den Mund setzte, so erbebte die Erde von seinem Schall, die Türme und Mauern erzitterten, und die Götzenbilder stürzten von ihrem Throne. Da kam jung und alt herbei, unterwarf sich dem Kaiser und empfing vom Erzbischof Turpin die heilige Taufe. Als das der König Marsilie in der Stadt Laragossa sah, hielt er Rat mit seinen Vasallen, wie man sich der schrecklichen Feinde entlebigen könne. Nach dem Vorschlage des klugen Blanscanbiz einigte man sich enblich bahrn, den Frankenherrscher durch scheinbare Annahme des Christentums zur Heimkehr zu bewegen, um dann über die etwa znrückbleibenben Scharen herzufallen und sie nieberzumachen. Eine Gefanbtschaft, bei welcher sich Blanscanbiz selbst befanb, ging in das kaiserliche Heerlager ab und zeigte die Unterwerfung des Königs an. Karl, der dem Anerbieten nicht recht traute, berief feine Herzöge und Fürsten um sich, und biefe rieten ihm, einen von ihnen zu Marsilie zu schicken, um besfen wahre Gesinnung zu erforschen. Ro-lanb erklärte sich bereit, die Senbung zu übernehmen; ba er indes die Einwilligung des Kaisers nicht erhielt, schlug er seinen Stiefvater Genelun dazu vor, und alle Anwefenben stimmten ihm bei. Genehm erbleichte, benn er glaubte, Rolanb wolle nur seinen Tod, und unter schweren Seufzern und unter Gebanken der Roche rüstete er sich zur Reife. Der schlaue Blanscanbiz aber

10. Sagen und Geschichten - S. 61

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
61 hatte gar wohl den Unmut des Franken bemerkt, und so wurde es chmjeicht genug, denselben zum Verrat gegen seinen kaiserlichen Schwager und Herrn und gegen seinen verhaßten Stiefsohn zu bewegen. Als nun Genelun zu Marsilie kam, bestärkte er diesen in seinem hinterlistigen Vorhaben und versprach ihm, alles thun zu wollen, was zur Förderung des Planes beitragen könne. Freudigen Angesichts, aber voll boshafter Tücke im Herzen, kehrte er hierauf ins Lager zurück und erstattete dort seinen lügenhaften Bericht. Karl schenkte den Worten des Treulosen Glauben, erteilte den Befehl zur Heimfahrt und bestellte Roland, aus welchen Genelun die Wahl geschickt zu lenken gewußt, zum Hüter des eroberten Landes. Am Morgen nach des Kaisers Abzüge bestieg Roland sein Roß, um von einem nahen Hügel aus die Gegend zu überschauen. Da wurden seine Augen fast geblendet von dem Glanze eisen-farbiger Helme, goldbeschlagener Schilde und blinkender Waffen: die Feinde rückten heran in unermeßlicher Zahl. Schnell sammelte er die zwölf Helden um sich, die ihm Karl zurückgelassen, und rüstete sich mit ihnen und den übrigen Kriegsmannen zur Schlacht. Bald erhob sich im Thale Roncevalle zwischen den beiden Heeren ein furchtbarer Kamps. Die eschenen Schäfte krachten gegen die Panzer und die Schwerter erdröhnten auf den Helmen wie der Hammer auf dem Amboß; mancher Edelstein am Waffengeschmeide verlor seinen lichten Schein, und manche rote Wange mußte erbleichen. Den Schild auf den Rücken geworfen und Durendart in beiden Händen haltend, verrichtete Roland Wunder der Tapferkeit und baute einen Wall von Toten um sich her. Da fiel des Kömgs jüngster Sohn Adarot, da fiel sein Oheim Algalis, der in seinem Leben niemals gelacht und vor keinem Menschen gebebt hatte, da fielen sie alle zwölf, welche in ihrem Uebermut geschworen, das Haupt des Gottesstreiters auf einem Spieße nach Saragossa zu bringen. Aber immer neue Heidenscharen brachen aus den Bergen hervor, und immer härter und mühevoller wurde die Kampfesarbeit. < Der Schweiß drang den Helden durch die Panzer-rmge, bis an die Kniee schritten sie im vergossenen Blute, und doch Ichien das Morden nicht aufhören zu sollen. Erst als auch der gewaltige Cormubiles den Streichen Rolands erlag und Mar-garitz, der Führer des letzten Haufens, einen Speerwurf aus der §and Olwiers erhielt, neigte sich die Schlacht dem Ende zu, und die Marstliemannen ergriffen die Flucht. Der Sieg war errungen aber er hatte schwere Opfer gekostet; und die noch lebten, sanken zum Tode erschöpft zwischen den Gefallenen und Sterbenden zu Boden. Nur einer hielt sich noch halb aufrecht, Erzbischof Türmn, welcher betend die Hände erhob und Gott anflehte: „Du hast des >Blmson dich erbarmt, als er verschmachtend unter den tausend erschlagenen Philistern stand; sende auch uns einen Hauch der Er-
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